EIF Interoperabilitätsgrundsätse – Prinzipien

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DEU - EIRA Form V1 - type1


Prinzipien oder auch Grundsätze beschreiben grundlegende Ansätze und Mittel, die verfolgt werden müssen, um ein Unternehmensziel zu erreichen. Bei den Grundsätzen handelt es sich um allgemeine Regeln und Richtlinien, die dauerhaft sind und nur selten geändert werden. Sie informieren und unterstützen die Art und Weise, wie eine Organisation ihre Mission erfüllt. Diese Grundsätze bieten einen vereinbarten Bezugsrahmen für die Bewertung von Alternativen und Entscheidungen. Unternehmensgrundsätze bilden eine Entscheidungsgrundlage für das gesamte Unternehmen und informieren darüber, wie die Organisation ihre Mission erfüllt. Architekturprinzipien sind eine Reihe von Prinzipien, die sich auf Architektur beziehen und leiten sich üblicherweise aus den Unternehmensprinzipien ab. Normalerweise werden für jede Architektur domain Prinzipien entwickelt, z.B. Business-Prinzipien, Daten-Prinzipien, Applikations-Prinzipien usw., und so auch Interoperabilitätsprinzipien. EIF bietet 12 Grundsätze an, die in Projekten wiederverwendet werden können und so die Architekturentwicklungsarbeit beschleunigen.

Der Begriff Interoperabilitätsgrundsätze bezeichnet grundlegende Verhaltensaspekte, die es bei Interoperabilitätsmaßnahmen zu beachten gilt. Hier werden allgemeine Interoperabilitätsgrundsätze dargelegt, die für den Prozess des Aufbaus interoperabler europäischer öffentlicher Dienste von Bedeutung sind. Sie beschreiben den Kontext für die Gestaltung europäischer öffentlicher Dienste und deren Umsetzung. Die zwölf Grundsätze des EIF lassen sich in vier Kategorien unterteilen und können z.B. in einer TOGAF getriebenen Architekturentwicklung wiederverwendet werden:

  1. Der Grundsatz, der den Kontext für auf Interoperabilität zielende Maßnahmen der EU festlegt (Nr. 1)
  2. Zentrale Interoperabilitätsgrundsätze (Nr. 2 bis Nr. 5)
  3. Grundsätze mit Bezug auf allgemeine nutzerseitige Bedürfnisse und Erwartungen (Nr. 6 bis Nr. 9)
  4. Grundsätze für die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Verwaltungen (Nr. 10 bis Nr. 12)

EIF schlägt folgende Prinzipien vor:

1. Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit

Der Grundsatz der Subsidiarität besagt, dass EU-Entscheidungen möglichst bürgernah getroffen werden müssen. Das heißt, dass die EU nur dann tätig werden darf, wenn dies wirksamer ist, als wenn die gleichen Maßnahmen auf einzelstaatlicher Ebene ergriffen würden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt das Eingreifen der EU auf das Maß, das erforderlich ist, um die in den Verträgen dargelegten politischen Ziele zu erreichen.

Mit Blick auf die Interoperabilität ist ein EU-weiter Rahmen gerechtfertigt, um politische Differenzen zu überwinden, die Inhomogenität und unzureichende Interoperabilität zur Folge haben und so den digitalen Binnenmarkt gefährden.

Der EIF soll als „gemeinsamer Nenner“ der unterschiedlichen Interoperabilitätsstrategien der Mitgliedstaaten dienen. Mitgliedstaaten sollten in Bezug auf die im EIF dargelegten Empfehlungen bei der Ausarbeitung ihrer NIF über einen hinreichenden Spielraum verfügen. Die NIF sind so zuzuschneiden und zu erweitern, dass nationale Besonderheiten darin angemessen Berücksichtigung finden.

 

2. Offenheit

Im Kontext interoperabler öffentlicher Dienste bezieht sich der Begriff der Offenheit in erster Linie auf Daten, Spezifikationen und Software.

Offene staatliche Daten (nachfolgend einfach als offene Daten bezeichnet) bezieht sich auf das Konzept, wonach sämtliche öffentlichen Daten zur Verwendung und Weiterverwendung durch andere frei verfügbar sein sollten, insoweit diese nicht Beschränkungen etwa in Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten, Vertraulichkeit oder auch Rechte geistigen Eigentums unterliegen. Öffentliche Verwaltungen erheben und erzeugen riesige Datenmengen. Die Richtlinie über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (PSI) hält Mitgliedstaaten dazu an, öffentliche Informationen für den Zugriff und die Weiterverwendung als offene Daten verfügbar zu machen. Die INSPIRE-Richtlinie verlangt darüber hinaus den Austausch von Geodatensätzen und diensten zwischen Behörden ohne Beschränkungen und praktische Hindernisse in Bezug auf deren Weiterverwendung. Die Daten sollten mit so wenigen Beschränkungen wie möglich und mit eindeutigen Lizenzen für deren Verwendung veröffentlicht werden, um eine bessere Prüfung der Entscheidungsprozesse der Verwaltung zu ermöglichen und Transparenz in der Praxis zu erzielen.

Die Verwendung quelloffener Software-Technologien und Produkte kann dazu beitragen, Entwicklungskosten zu sparen, einen Lock-in-Effekt zu vermeiden und eine rasche Anpassung an spezifische unternehmerische Erfordernisse zu ermöglichen, weil die Entwicklergemeinschaften, die solche Technologien und Produkte unterstützen, diese laufend anpassen. Öffentliche Verwaltungen sollten sich nicht darauf beschränken, quelloffene Software zu verwenden, sondern den einschlägigen Entwicklergemeinschaften nach Möglichkeit auch Beiträge liefern. Quelloffenheit stellt eine maßgebliche Voraussetzung des EIF-Grundsatzes der Weiterverwendbarkeit dar.

Das Maß an Offenheit einer Spezifikation/einer Norm ist entscheidend für die Weiterverwendung von Software-Komponenten, die zur Umsetzung dieser Spezifikation dienen. Dies gilt auch für die Verwendung solcher Komponenten bei der Einführung neuer europäischer öffentlicher Dienste. Wenn der Grundsatz der Offenheit vollständig erfüllt ist:

  • haben alle Beteiligten Gelegenheit, an der Entwicklung der Spezifikation mitzuwirken, und eine öffentliche Überprüfung ist Bestandteil des Entscheidungsprozesses
  • steht die Spezifikation jedermann zur Einsichtnahme zur Verfügung
  • erfolgt die Lizenzierung der geistigen Eigentumsrechte an der Spezifikation zu FRAND -Bedingungen in einer Weise, die eine Integration sowohl in proprietäre als auch quelloffene Software zulässt, und dies vorzugsweise in gebührenfreier Form.

Die Verwendung solch offener Spezifikationen wird wegen ihrer positiven Wirkung auf die Interoperabilität in vielen politischen Erklärungen befürwortet und für die Erbringung europäischer öffentlicher Dienste empfohlen. Die positive Wirkung offener Spezifikationen wird durch das Ökosystem des Internets verdeutlicht. Dennoch können sich öffentliche Verwaltungen für die Verwendung weniger offener Spezifikationen entscheiden, sofern keine offenen vorliegen oder diese den funktionellen Anforderungen nicht genügen. Außer bei deren Anwendung zur Schaffung innovativer Lösungen sollten die Spezifikationen indes auf jeden Fall ausgereift sein und in hinreichendem Umfang vom Markt unterstützt werden.

Schließlich noch bedeutet Offenheit auch, Bürger ebenso wie Unternehmen zu ermächtigen, sich an der Ausgestaltung neuer Dienste zu beteiligen, zur Verbesserung der Dienste beizutragen und sich zur Qualität der erbrachten öffentlichen Dienste zu äußern.

 

3. Transparenz

Transparenz bedeutet im EIF-Kontext:

  • Sorge für Sichtbarkeit im administrativen Umfeld einer öffentlichen Verwaltung. Dabei geht es darum, anderen öffentlichen Verwaltungen, Bürgern und Unternehmen Einblick in Bestimmungen, Abläufe, Daten, Dienstleistungen und Entscheidungsprozesse der Verwaltung zu geben und diese verständlich zu machen.
  • Sorge für die Verfügbarkeit von Schnittstellen zu internen Informationssystemen. Öffentliche Verwaltungen betreiben zur Abwicklung ihrer internen Abläufe oftmals eine Vielzahl an verschiedenartigen Informationssystemen. Für Interoperabilität muss sichergestellt sein, dass zu diesen Systemen und den von diesen verarbeiteten Daten Schnittstellen zur Verfügung stehen. Im Gegenzug erleichtert Interoperabilität die Weiterverwendung von Systemen und Daten und ermöglicht deren Integration in größere Systeme.
  • Sicherung des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten durch die Einhaltung des geltenden rechtlichen Rahmens für die großen Mengen an personenbezogenen Daten von Bürgern, die sich im Besitz öffentlicher Verwaltungen befinden und von diesen verwaltet werden.

 

4. Wiederverwendbarkeit

Wiederverwendung bedeutet, dass öffentliche Verwaltungen, die vor einem bestimmten Problem stehen, versuchen sollten, sich die Arbeit anderer nutzbar zu machen, indem sie vorhandene Lösungen suchen, deren Nützlichkeit und Zweckmäßigkeit prüfen und dort, wo dies sinnvoll ist, Lösungen nutzen, die sich anderweitig bereits bewährt haben. Dies setzt voraus, dass die öffentlichen Verwaltungen bereit sind, ihre Interoperabilitätslösungen, Konzepte, Rahmen, Spezifikationen, Instrumente und Komponenten auch an andere weiterzugeben.

Die Weiterverwendbarkeit von IT-Lösungen (z. B. Softwarekomponenten, Anwendungsprogrammierschnittstellen, Normen), Informationen und Daten bildet eine Grundvoraussetzung der Interoperabilität und sorgt durch deren erweiterte operative Nutzung für Qualitätsverbesserungen. Zudem spart sie Zeit und Geld. Hierdurch trägt sie maßgeblich zur Entwicklung eines digitalen Binnenmarkts in der EU bei. Verschiedene EU-Normen und Spezifikationen finden sich auch in den DIF wieder und sollten umfassendere Anwendung finden. So sind in der INSPIRE-Richtlinie Interoperabilitätsnormen in Bezug auf Adressen, Kataster, Straßen und eine Vielzahl weiterer datenbezogener Themen dargelegt, die für viele öffentliche Verwaltungen von Belang sind. Diese bestehenden Normen und Spezifikationen können und sollten weitergehende Verwendung über den Bereich hinausfinden, für den sie ursprünglich entwickelt wurden.

Verschiedene öffentliche Verwaltungen und Regierungen fördern bereits die gemeinsame Nutzung und Weiterverwendung von IT-Lösungen durch die Einführung neuer Geschäftsmodelle und befürworten die Verwendung von quelloffener Software für zentrale IKT-Dienstleistungen sowie bei Schaffung von Infrastrukturen für digitale Dienste.

Eine Reihe zentraler Herausforderungen stehen einer umfangreicheren gemeinsamen Nutzung und Weiterverwendung von IT-Lösungen auf technischer, organisatorischer, rechtlicher und kommunikativer Ebene entgegen. Der ISA2-Rahmen für die gemeinsame Nutzung und die Weiterverwendung von IT-Lösungen enthält Empfehlungen für öffentliche Verwaltungen, die diesen dabei helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen und gemeinsame IT-Lösungen untereinander austauschen und weiterzuverwenden. Die Weiterverwendung und gemeinsame Nutzung lassen sich mittels Kooperationsplattformen wirksam unterstützen.

 

5. Technologische Neutralität und Datenübertragbarkeit

Bei der Einrichtung europäischer öffentlicher Dienste sollten sich öffentliche Verwaltungen auf ihre funktionellen Anforderungen konzentrieren und Entscheidungen über die zugrundeliegende Technik so lange wie möglich hinausschieben, damit sie denen, die solche in Anspruch nehmen, nicht von vornherein bestimmte technische Umsetzungen oder Produkte aufzwingen und später noch in der Lage sind, sich an ein sich schnell veränderndes technologisches Umfeld anzupassen.

Öffentliche Verwaltungen sind aufgefordert, für einen technologie- und produktübergreifenden Zugang und eine ebensolche Weiterverwendbarkeit der von ihnen angebotenen Dienstleistungen und Daten zu sorgen.

Die Funktionsweise des digitalen Binnenmarkts erfordert es, dass Daten sich problemlos zwischen verschiedenen Systemen austauschen lassen, um einen Lock-in-Effekt zu vermeiden und den freien Datenverkehr zu unterstützen. Diese Anforderung bezieht sich auf die Daten Portabilität – die Fähigkeit, Daten mühelos anwendungs- und systemübergreifend zu verschieben und weiterzuverwenden, was in grenzüberschreitenden Szenarien eine noch größere Herausforderung darstellt.

 

6. Nutzerorientierung

Der Begriff des Nutzers europäischer öffentlicher Dienste bezeichneten jede öffentliche Verwaltung, jeden Bürger und jedes Unternehmen, die/der/das auf diese Dienste zugreift und Nutzen daraus zieht. Die nutzerseitigen Bedürfnisse sind bei der Festlegung zu berücksichtigen, welche öffentlichen Dienste bereitgestellt werden sollen und auf welche Weise dies geschehen soll.

Daher sollten die Gestaltung und die Entwicklung öffentlicher Dienste im weitest möglichen Umfang von den nutzerseitigen Bedürfnissen und Anforderungen geleitet werden:

  • Ein Konzept einer Dienste Erbringung über mehrere Zugangswege, d. h. die Verfügbarkeit alternativer – physischer ebenso wie digitaler – Kanäle, ist ein wichtiger Bestandteil der Gestaltung öffentlicher Dienste, da die Nutzer nach Umständen und Bedürfnissen möglicherweise unterschiedliche Zugangswege bevorzugen
  • Den Nutzern sollte eine zentrale Anlaufstelle bereitgestellt werden, um sowohl die interne Komplexität der Verwaltung zu kaschieren als auch den Zugang zu öffentlichen Diensten zu erleichtern, z. B. wenn mehrere Stellen zur Erbringung eines öffentlichen Dienstes zusammenarbeiten müssen
  • Rückmeldungen der Anwender sind systematisch zu erfassen, zu bewerten und bei der Schaffung neuer öffentlicher Dienste wie auch zur Verbesserung bestehender zu nutzen
  • Im weitest möglichen Umfang sollten die Nutzer nach der geltenden Gesetzgebung in der Lage sein, Daten nur einmal übermitteln zu müssen, und die Verwaltungen sollten in der Lage sein, ihre Daten im Einklang mit den Datenschutzbestimmungen zum Vorteil des Nutzers abzurufen und auszutauschen
  • Die Nutzer sollten dazu aufgefordert werden, lediglich diejenigen Angaben zu übermitteln, die zur Inanspruchnahme einer bestimmten öffentlichen Dienstleistung unbedingt erforderlich sind.

 

7. Inklusion und Barrierefreiheit

Bei Inklusion geht es darum, jedem die Gelegenheit zu verschaffen, die sich mit neuen Technologien bietenden Chancen zum Zugriff auf und zur Nutzung von europäischen öffentlichen Diensten in vollem Umfang Gebrauch zu machen und so soziale und ökonomische Gräben und eine bestehende Ausgrenzung zu überwinden.

Durch Zugänglichkeit wird sichergestellt, dass Personen mit Behinderungen, ältere Menschen und sonstige benachteiligte Gruppen öffentliche Dienste in einer Qualität in Anspruch nehmen können, die sich mit der anderen Bürgern gegenüber gebotenen vergleichen lässt.

Aspekte der Inklusion und Barrierefreiheit müssen über den gesamten Lebenszyklus eines europäischen öffentlichen Dienstes in Entwurf, Informationsinhalten und Erbringung berücksichtigt werden. Letzterer sollte den auf europäischer und internationaler Ebene weithin anerkannten Spezifikationen für einen barrierefreien Zugang für alle Bürger auf europäischer und internationaler Ebene gerecht werden.

Inklusion und Barrierefreiheit bedeuten in der Regel, dass die Leistungserbringung über mehrere Zugangskanäle erfolgt. Neben der elektronischen Bereitstellung wird möglicherweise ein herkömmliches papiergestütztes oder mit persönlicher Vorsprache verbundenes Angebot erforderlich sein.

Inklusion und Barrierefreiheit kann auch durch ein System verbessert werden, das es Dritten ermöglicht, in Namen von Bürgern zu handeln, die selbst vorübergehend oder dauerhaft nicht in der Lage sind, öffentliche Dienste unmittelbar in Anspruch zu nehmen.

 

8. Sicherheit und Privatsphäre

Bürger müssen ebenso wie Unternehmen darauf vertrauen können, dass ihre Behördenkontakte in einem sicheren und vertrauenswürdigen Umfeld stattfinden, in dem die maßgeblichen Vorschriften, z.B. die Richtlinie und die Verordnung über den Datenschutz oder auch die Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste vollständig eingehalten werden. Öffentliche Verwaltungen müssen die Privatsphäre und die Vertraulichkeit, Authentizität, Integrität und nicht ab Streitbarkeit der von Bürgern und Unternehmen zur Verfügung gestellten Daten garantieren.

 

9. Mehrsprachigkeit

Europäische öffentliche Dienste können prinzipiell von jedermann in jedem Mitgliedstaat in Anspruch genommen werden. Bei ihrer Gestaltung ist daher die Mehrsprachigkeit gebührend zu berücksichtigen. Bürger in ganz Europa haben oftmals Probleme dabei, auf digitale öffentliche Dienste zuzugreifen und solche in Anspruch zu nehmen, wenn diese nicht in der von ihnen gesprochenen Sprache zur Verfügung stehen.

Es gilt daher, ein Gleichgewicht herzustellen zwischen der Erwartung der Bürger und Unternehmen, in ihrer/ihren eigenen oder der/den von ihnen bevorzugten Sprache/n bedient zu werden, und der Fähigkeit der öffentlichen Verwaltungen eines Mitgliedstaats, ihre Dienste in allen EU-Amtssprachen anzubieten. Ein geeignetes solches Gleichgewicht könnte darin bestehen, dass europäische öffentliche Dienste in den Sprachen der erwarteten Endanwender angeboten werden, d. h. die Festlegung der Zahl an angebotenen Sprachen auf Grundlage der nutzerseitigen Bedürfnisse erfolgt, beispielsweise des Grades, zu dem der Dienst für die Umsetzung des digitalen Binnenmarktes oder einzelstaatlicher politischer Konzepte von Bedeutung ist, oder auch der Größe des betreffenden Publikums.

Dabei sind die Aspekte der Mehrsprachigkeit nicht nur für die Benutzeroberfläche, sondern auf allen Gestaltungsebenen europäischer öffentlicher Dienste von Bedeutung. So sollte die gewählte Form der Darstellung von Daten in einer elektronischen Datenbank nicht die Möglichkeit zur Unterstützung unterschiedlicher Sprachen beschränken.

Der Aspekt der Mehrsprachigkeit erlangt für die Interoperabilität auch dort besondere Bedeutung, wo ein öffentlicher Dienst einen Datenaustausch zwischen Informationssystemen über Sprachgrenzen hinweg erforderlich macht, weil dabei die Bedeutung der ausgetauschten Informationen erhalten bleiben muss.

 

10. Verwaltungsvereinfachung

Auf dem Wege von Verbesserungen oder auch der Beseitigung all dessen, was der Öffentlichkeit keinen Nutzwert bietet, sollten öffentliche Verwaltungen ihre administrativen Abläufe so weit wie möglich verschlanken und vereinfachen. Verwaltungsvereinfachung kann Unternehmen und Bürgern dabei helfen, den Verwaltungsaufwand für die Einhaltung der EU-Vorschriften oder einzelstaatlicher Verpflichtungen zu verringern. Ebenso sollten öffentliche Verwaltungen europäische öffentliche Dienste einführen, die sich unter anderem bei ihren Interaktionen mit anderen öffentlichen Verwaltungen, Bürgern und Unternehmen auf elektronische Mittel stützen.

Die Digitalisierung öffentlicher Dienste sollte im Einklang mit den folgenden Konzepten erfolgen:

  • „standardmäßig digital“, soweit dies angezeigt ist, so dass mindestens ein digitaler Kanal für den Zugang zu einem europäischen öffentlichen Dienst und für dessen Inanspruchnahme zur Verfügung steht
  • „vorrangig digital“, was bedeutet, dass bei der Anwendung des Konzepts einer Bereitstellung über mehrere Zugangskanäle und eines Systems, bei dem es keinen falschen Ansprechpartner gibt (weil Vorgänge stets intern der zuständigen Stelle zugeleitet werden), d. h. physische und digitale Kanäle nebeneinander existieren, der Nutzung öffentlicher Dienste über digitale Kanäle Vorrang einzuräumen ist.

 

11. Aufbewahrung von Informationen

Entscheidungen und Daten müssen nach den gesetzlichen Vorschriften über einem bestimmten Zeitraum gespeichert und bereitgehalten werden. Dies bedeutet, dass Aufzeichnungen und Angaben in elektronischer Form, die sich zum Zwecke der Dokumentierung von Abläufen und Entscheidungen von öffentlichen Verwaltungen in deren Besitz befinden, aufbewahrt und im Falle, dass die bislang genutzten Speichermedien veralten sollten, auf neue Medien übertragen werden müssen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Aufzeichnungen und andere Formen von Informationen ihre Lesbarkeit, Zuverlässigkeit und Unversehrtheit bewahren und so lange wie notwendig den Sicherheits- und Datenschutzbestimmungen entsprechend zugänglich bleiben.

Um die langfristige Bewahrung elektronischer Aufzeichnungen und anderer Arten von Informationen zu garantieren, müssen dazu Formate gewählt werden, die eine langfristige Zugänglichkeit einschließlich der Bewahrung von zugehörigen elektronischen Signaturen oder Siegeln sicherstellen. Diesbezüglich lässt sich durch die Nutzung qualifizierter Bewahrungsdienste gemäß der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 die langfristige Bewahrung von Informationen sicherstellen.

Bei Informationsquellen, die sich im Besitz und unter der Kontrolle nationaler Verwaltungen befinden, ist dies eine rein nationale Angelegenheit. Bei Informationen, die nicht rein nationaler Art sind, wird die Aufbewahrung zu einer europäischen Angelegenheit. In einem solchen Falle sollte im Hinblick auf mögliche Schwierigkeiten, die sich aus einer Verwendung der betreffenden Informationen in unterschiedlichen Rechtsräumen ergeben, von den betreffenden Mitgliedstaaten eine geeignete Aufbewahrungspolitik praktiziert werden.

 

12. Bewertung der Wirksamkeit und Effizienz

Es gibt viele Möglichkeiten für die Bewertung des Nutzens, der mit interoperablen öffentlichen Diensten erzielt wird, z. B. Rentabilität, Gesamtbetriebskosten, das Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, verringerte Verwaltungslasten, Effizienz, geringeres Risiko, Transparenz, Vereinfachung, verbesserte Arbeitsmethoden und das Maß der Nutzerzufriedenheit.

Bei den Bemühungen um die Gewährleistung der Effektivität und Effizienz eines europäischen öffentlichen Dienstes sollten verschiedene technische Lösungen geprüft werden.

Basierend auf diesen Prinzipien bietet EIF den öffentlichen Verwaltungen 47 konkrete Empfehlungen zur Verbesserung der Governance ihrer Interoperabilitätsaktivitäten, zum Aufbau organisationsübergreifender Beziehungen, zur Straffung von Prozessen zur Unterstützung durchgängiger digitaler Dienste und zur Gewährleistung, dass bestehende und neue Rechtsvorschriften die Interoperabilitätsbemühungen nicht beeinträchtigen.

 

Im nächsten Blog werden die 4 Ansichten der EIRA diskutiert.

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